Über Selbstverbundenheit - die Freiheit, die von Innen kommt

„Das Leben wird von einem sich verändernden Verständnis und der jeweiligen Deutung meiner Erfahrung gelenkt.
Es befindet sich immer in Entwicklung.“
– Carl R. Rogers

Umso wichtiger ist es, dass wir mit uns selbst in Kontakt bleiben – damit uns unser eigenes Leben nicht unbemerkt entgleitet.

Ich habe bisher selten so direkt über das geschrieben, was mir im Kern meiner Arbeit wirklich wichtig ist. Vielleicht, weil ich oft denke, es sei selbstverständlich: die innere Verbindung, in gutem Kontakt mit uns selbst zu sein, in Beziehung zu uns selbst zu stehen. Doch das ist es nicht.

Wann hast du dich das letzte Mal wirklich mit dir selbst verbunden gefühlt?

Gerade in der heutigen Zeit, in der wir immer mehr auf uns selbst gestellt sind, ist es essenziell, mit uns selbst, mit anderen und mit allem, was in der Welt geschieht, verbunden – und damit auch empfänglich – zu bleiben.

Am Ende möchte ich dir ein neues Coaching Format ans Herz legen, das dir in einem geschützten Rahmen und gemeinsam mit anderen ermöglicht, mehr Nähe zu dir selbst zu finden.

Warum ist Selbstverbundenheit so wichtig?

Es gibt diese Momente, in denen der Lärm der Welt uns förmlich überrollt. Die Stimmen von außen übertönen die eigene, und plötzlich fühlen wir uns wie Zuschauende unseres eigenen Lebens. Wir folgen den Maßstäben, die uns von anderen auferlegt werden, und verlieren uns selbst aus den Augen. Wir sind ständig auf der Jagd nach Anerkennung, denn wir wissen kaum noch, wie es sich anfühlt, wirklich gut zu uns selbst zu sein. Wir scrollen uns durch die unendlichen Welten der andern. Irgendwie fremd und unvollständig, fragen wir uns, warum wir uns nicht wirklich rund fühlen. Und überfordern uns damit selbst. Diese innere Unruhe entsteht oft aus dem, was wir verloren haben: die Verbindung zu uns selbst.

Denn eigentlich ist sie immer da, als grundlegende Möglichkeit, angelegt in uns allen. Doch sie ist nicht immer spürbar – und auch nicht immer positiv. Sie kann unter Schichten von Gewohnheiten und Automatismen verschüttet sein, von alten Mustern geprägt oder verkümmert.

Viktor Frankl beschreibt mit der Selbstdistanzierung einen Weg zur Wiederentdeckung dieser Verbindung. Die Fähigkeit, einen gesunden Abstand zu sich selbst zu gewinnen, ist nötig, um sich im vollen Umfang wahrzunehmen. Nur aus dieser Perspektive können wir erkennen, wie die Beziehung zu uns selbst wirklich aussieht. Frankl sagt dazu: “Der Mensch muß sich nicht alles gefallen lassen – auch nicht von sich selbst!”

Umso hilfreicher ist es zu verstehen, wodurch die Beziehung zu uns selbst maßgeblich geprägt ist:

  • Frühe Bindungserfahrungen: Insbesondere unsere Eltern spiegeln uns, wie wertvoll wir sind, und legen so die Grundlage für eine gesunde Beziehung zu uns selbst. Durch ihr Vorbild und ihren Umgang mit sich selbst lernen wir, wie wir uns selbst behandeln und ob wir uns selbst wertschätzen können.

  • Nährende Beziehungen im Hier und Jetzt: Menschen, die uns unterstützen, uns als Spiegel dienen und in uns vertrauen, wenn wir es selbst gerade nicht können, sind unverzichtbar, um unsere blinden Flecken sichtbar zu machen, uns in schwierigen Zeiten zu stützen und uns daran zu erinnern, wie wir gut mit uns selbst umgehen können.

  • Auseinandersetzung mit der Welt: Das Leben fordert uns immer wieder heraus, Stellung zu beziehen. In diesen Momenten, in denen wir auf die Fragen des Lebens antworten, das Leben ver-antworten, wird unser wahres Wesen sichtbar. Es gibt unzählige Wege, das Leben zu gestalten, doch nur wenige, die dir wirklich entsprechen.

Was bedeutet es, mit sich selbst verbunden zu sein?

Selbstverbundenheit ist weit mehr als nur ein Gefühl. Sie ist ein Prozess, ein stetiges Üben und Forschen. Es geht darum, uns nicht nur zu beobachten, sondern auch wirklich zu hören, was in uns vorgeht. In der Existenzanalyse sprechen wir von der „Verbindung zum Wesentlichen“. Doch was genau bedeutet das?

Das „Wesentliche“ ist das, was deinem Leben tiefere Bedeutung verleiht. Es ist die Essenz deines Wesens, das, was dich wirklich ausmacht. Es ist der Ort in dir, den du nur im Dialog mit dir selbst finden kannst. Wir müssen „zu den Sachen selbst“ gehen, wie es Edmund Husserl, Begründer der Phänomenologie, forderte. Es verlangt ein tiefes Hinsehen, ohne Filter, ohne Interpretation. Es ist die Einladung, die Welt ohne Verzerrung zu erleben – und uns selbst ebenso.

Wenn wir uns selbst wirklich zuhören, ist es, als ob sich eine Tür öffnet. Dahinter liegt ein Raum der Klarheit, der uns dabei hilft, uns von äußeren Erwartungen zu lösen und zu erkennen, was wir tief im Inneren wirklich brauchen. Es ist der Raum, in dem wahre Entscheidungen getroffen werden, die aus unserem authentischen Sein hervorgehen.

Die drei Säulen der Selbstverbundenheit

In der psychologischen Forschung gibt es klare Hinweise darauf, wie Selbstverbundenheit entsteht und wie wir sie kultivieren können. Laut Klusmann et al. besteht sie aus drei Säulen:

  1. Selbsterkenntnis (Self-Awareness):
    Selbstkenntnis bedeutet, sich selbst bewusst zu sein – Bedürfnisse, Ängste, Wünsche und Stärken wahrzunehmen. Doch es geht noch tiefer. Es ist der Blick auf die Mechanismen, die unser Handeln antreiben, oft unbewusst. Welche Glaubenssätze steuern uns? Welche Muster halten uns fest? Wenn wir diese erkennen, können wir die Mauern durchbrechen, die uns immer wieder in denselben Verhaltensweisen gefangen halten. Carl Gustav Jung beschreibt den „Schatten“ als jene Teile in uns, die wir nicht sehen, aber die uns trotzdem beeinflussen. Das Licht des Bewusstseins erleuchtet diese dunklen Ecken unserer Seele und gibt uns die Möglichkeit, uns von dem zu befreien, was uns bislang blockiert hat. Die Fähigkeit, uns selbst zu erkennen, schafft so den Raum, in dem wir uns wirklich verändern können.

  2. Selbstakzeptanz (Self-Acceptance):
    Nachdem wir uns selbst besser verstanden haben, geht es darum, uns genau so auch zu mögen. Der erste Schritt, uns selbst zu mögen, besteht darin, uns so zu akzeptieren, wie wir sind. Auch wenn ich keine Freundin von Extremen bin, gefällt mir der Begriff der radikalen Akzeptanz, weil er etwas vollständiges beinhaltet. Und unter allen Umständen. Sich selbst als perfekten Menschen anzunehmen, ist einfach, aber sich selbst mit allem, was ist, anzunehmen, auch mit dem, was uns missfällt, das ist die wahre Kunst. Wenn wir es nicht schaffen, uns selbst zu akzeptieren, wer soll es dann tun? Ich finde, das haben wir uns verdient.

  3. Selbstausrichtung (Self-Alignment):
    Uns selbst treu zu bleiben bedeutet, uns immer wieder nach den eigenen Werten und Bedürfnissen auszurichten. Selbstverbundenheit ist kein Ziel, das wir einmal erreichen, sondern ein Weg, den wir immer wieder bewusst gehen. Es geht darum, Entscheidungen zu treffen, die im Einklang mit dem stehen, was wir wirklich wollen und brauchen. Es bedeutet, für uns selbst einzutreten, unsere eigenen Wünsche zu respektieren und uns nicht von den Erwartungen anderer oder gesellschaftlichen Normen ablenken zu lassen. Selbst-Ausrichtung beschreibt einen Zustand, in dem es eine Übereinstimmung zwischen unserem „inneren Selbst“ (Werten, Sinn, Bedürfnisse) und dem „äußeren Selbst“ (Handlungen, Entscheidungen, Äußerungen) gibt. Sie bedeutet nicht starre Unveränderlichkeit, sondern die Fähigkeit, sich den Veränderungen des Lebens anzupassen, ohne die eigene Person zu verraten. Es ist eine Balance zwischen der Stabilität unserer Werte und der Flexibilität, mit der wir uns neuen Kontexten und Situationen stellen.

Was mir in dieser Gleichung noch fehlt, ist die Selbstfreundlichkeit – self-kindness. Sich selbst mit Freundlichkeit zu begegnen, ist der Schlüssel, um eigene Schwächen anzunehmen. Es erlaubt uns, auch in schwierigen Momenten offen zu bleiben und mitfühlend mit uns umzugehen, anstatt in Selbstkritik zu versinken. Freundlichkeit bringt eine Leichtigkeit, die den anderen Aspekten oft noch fehlt. In der Achtsamkeitspraxis gibt es eine Übung, bei der wir uns selbst innerlich zulächeln. Nicht selten passiert es dann, dass wir wirklich lächeln, unser ganzer Körper sich auf einmal wärmt und eine heitere Stimmung aufkommt. Und schon fühlen wir uns ein Stück leichter.
Kritik – sei es die an uns selbst oder an anderen – zieht uns nach unten, während Freundlichkeit uns aufrichtet.

Wie erkennst du eine gute Verbindung zu dir selbst?

Mit dir selbst verbunden zu sein fühlt sich an, als wärst du in dir zu Hause. Eine innere Wärme trägt dich, als würdest du sicher auf festem Boden stehen. Selbst wenn das Leben stürmisch ist, kannst du dich halten. Deine Entscheidungen sind klar, weil du spürst, was dir guttut. Dein innerer Dialog ist wohlwollend – wie mit einer guten Freundin, die dich versteht und stärkt. Du vertraust in dich und das Leben und kannst dich ihm voll hingeben.

Von dir abgeschnitten zu sein ist, als würdest du durch dichten Nebel gehen, ohne klare Richtung. Etwas in dir bleibt unerfüllt, als würdest du auf etwas warten, das du nicht benennen kannst. Du fühlst dich getrieben und dabei trotzdem ziemlich leer, deine Gedanken kreisen, du suchst Ablenkung. Vielleicht bist du streng mit dir, ohne es zu hinterfragen. Es ist, als wärst du auf der Flucht – aber du weißt nicht, wovor. Du funktionierst, doch innerlich bist du verloren gegangen.

Es gibt viele Hinweise darauf, wie gut du mit dir selbst verbunden bist. Ein guter Anhaltspunkt ist, wie du mit dir selbst sprichst. Achte einmal auf deine Gedanken und deine inneren Stimmen: Bist du freundlich zu dir selbst? Hast du Verständnis, wenn dir ein Fehler passiert? Oder bist du dein strengster Kritiker, der immer etwas auszusetzen findet? Kannst du dich selbst beruhigen und dir selbst Mut zusprechen?

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Bewusstsein über deine Glaubenssätze. Was denkst du über dich selbst? Welche Überzeugungen prägen dein Handeln? Gibt es Sätze, die du in deiner Kindheit immer wieder gehört hast und die vielleicht bis heute in deinem Inneren nachklingen – obwohl sie gar nicht wirklich zu dir gehören? Es kann sehr hilfreich sein, diese Gedanken sichtbar zu machen, indem du sie aufschreibst. Gibt es Glaubenssätze, die dir mehr schaden als nützen? Überlege, ob du sie neu formulieren oder sogar ganz loslassen möchtest.

Manchmal ist es auch eine gute Idee, andere um ihre Meinung zu bitten: Wie nehmen sie dich wahr, wenn es um deinen Umgang mit dir selbst geht? Menschen, die dir nahestehen, können dir wertvolle Einblicke in dein Verhalten und deine innere Haltung geben. Du könntest sie sogar fragen, wie ein liebevollerer Umgang aussehen könnte, den sie sich für dich wünschen würden.

Wie kannst du mehr Selbstverbundenheit entwickeln?

Wie jede Beziehung braucht auch die Beziehung zu dir selbst Nähe, Zeit und Raum. Sie braucht Pflege. Sie beginnt mit aufrichtigem Interesse an dir – dem Wunsch, dich besser kennenzulernen und zu verstehen. Begegne dir selbst mit Neugier und Respekt. Lass dich von dir selbst begeistern – für die Person, die du bist, und für all das, was in dir steckt. Es geht auch darum, für dich selbst da zu sein: dich aufzufangen, für dich einzustehen und manchmal sogar für dich zu kämpfen. In meinen Coachings sprechen wir oft darüber, wie man sich vor anderen behaupten kann. Doch eine ebenso wichtige, wenn nicht sogar größere Herausforderung ist es, sich vor sich selbst zu behaupten – zu dir zu stehen, auch wenn Selbstzweifel oder alte Muster dich ausbremsen wollen. Dieser Schritt braucht Mut, aber er hat die Kraft, vieles in deinem Leben zu verändern.

Um dich mit dir selbst zu verbinden, brauchst du auch Momente der Stille – Momente, in denen du wirklich hinhören kannst. Wenn der Alltag dich einnimmt und du dich in der Hektik verlierst, nimm dir bewusst Zeit, um innezuhalten und dich neu auszurichten. Oft reichen schon kurze Check-ins: Atme ein paarmal tief durch, spüre kurz nach innen und frag dich, wie es dir gerade geht. Vielleicht magst du das auch bei einem Spaziergang ausprobieren – während du gehst, kannst du dir selbst in Ruhe zuhören und mehr Klarheit finden.

Dieser Prozess geschieht nicht von heute auf morgen, aber mit der Zeit wird er immer tiefer und führt dich immer mehr zu dir selbst. Und eines Tages wirst du ganz von alleine merken, wann es wieder Zeit für dich selbst ist, wenn du anfängst, dich selbst zu vermissen :-) vielleicht sogar bei einem Kaffee mit dir selbst.

Vor sich selbst davonzulaufen ist vielleicht das Schlimmste, was wir uns antun können – denn am Ende sind wir die einzige Konstante, die bleibt, wenn alles andere vergeht. Und egal, wohin wir gehen, uns selbst nehmen wir immer mit.

Und jetzt?

ielleicht hat dich dieser Text inspiriert, der Verbindung zu dir selbst mehr Raum zu geben. Vielleicht bist du neugierig geworden, was in dir noch darauf wartet, entdeckt zu werden.

Wenn du diesen Weg nicht allein gehen möchtest, lade ich dich herzlich ein, an unserem Self-Connected Gruppen-Coaching teilzunehmen. In einer unterstützenden Gemeinschaft kannst du tief in die Selbstverbundenheit eintauchen, neuen Halt in dir selbst finden und innere Orientierung zurückgewinnen.

Oder möchtest du dir einen ganz eigenen Raum für dich schaffen? Dann ist mein persönliches Coaching genau das Richtige für dich. Hier begleite ich dich dabei, dich selbst besser zu verstehen, Vertrauen in dich zu entwickeln und ganz in deinem Leben anzukommen.

Es freut mich, dich auf deinem Weg zu begleiten – auch wenn es nur durch diese Zeilen ist!

Herzlichst,

Steffi

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Über den Mut, in schwierigen Zeiten trotzdem zu handeln